Hat mich die Schule gebildet?

Bildung im philosophischen Sinne bedeutet, sich selber durch Lesen und Interessen zu verändern und zu einem mündigen Bürger zu werden. Dieses Ziel soll durch die Schule unterstützt werden. Doch inwiefern ist dies in meiner persönlichen Schullaufbahn gelungen? Von Sandra Boettcher

Für mich heißt Bildung seinen eigenen Interessen und seiner Neugierde nachzugehen. Dabei sollte es jedem möglich sein, in seinem eigenen Rhythmus und Tempo vorgehen zu können. Dies war in meiner Schulzeit kaum möglich. Jeder Lehrer muss seinen Lehrplan lehren. Dabei fehlt meist die Zeit für die Recherchen in eigenem Interesse.

Ein Beispiel dafür ist bei mir der Pädagogik-Leistungskurs. Wir haben uns neben dem offiziellen Lehrplan mit unterschiedlichen Schulformen beschäftigt, sind gemeinsam in eine Waldorfschule gefahren und haben in Berlin die ESBZ besucht. Des Weiteren war unser Kurs interessiert an den einzelnen Pädagogen und den Schulen, die sie aufgebaut haben. Dadurch, dass all diese Themenfelder neben dem eigentlichen Lehrplan behandelt wurden, hatten wir insgesamt zu wenig Zeit für alle Themen.

Mir persönlich haben vor allem die Exkursionen geholfen zu verstehen, was in der Theorie gelernt wurde. Sich mit einer Theorie zu beschäftigen und zu verstehen ist etwas anderes als eine Schule zu besuchen und sich das Konzept vor Ort anzusehen. In den Schulen zu sehen, wie genau das Konzept gelebt wird und wie die Schüler ihre eigene Schule sehen, hat mir geholfen den Sinn einer Theorie noch besser zu verstehen und zu erleben.

Es fehlen freie Projekte

Des Weiteren fehlen an unserer Schule freie Projekte. Projekte, in denen sich Schüler ein Thema aussuchen können und frei recherchieren und eine eigene Meinung bilden können. Referate und Projekte sind bei uns auf Wissen ausgelegt. Jeder recherchiert ein Thema und präsentiert es. Das heißt, in Geschichte beschäftigen wir uns mit Geschichte und in Biologie beschäftigen wir uns mit Biologie. Möchte ich mich mit der Geschichte der Biologie beschäftigen, würde dies weder in den einen noch in den anderen Lehrplan passen. Es ist daher nicht möglich.

Meiner Meinung nach sollte bei einer Projektarbeit nicht das Ergebnis im Vordergrund stehen, sondern der Prozess, der während des Projektes gemacht wird. Dabei sollte vor allem die Anpassungsfähigkeit an Veränderungen des Themas beachtet werden.

Beispiel dafür ist mein Europa-Projekt in der Klasse 9. Meine Gruppe hat sich mit der Finanzkrise in Europa beschäftigt. Da dieses Thema sehr aktuell war, haben sich die Fakten immer ein wenig verändert. Wir mussten unser Projekt somit immer an die neusten Fakten anpassen. Dies hat bei meiner Gruppe die Flexibilität und die Spontanität gefördert.

Stressfaktor Noten

Der größte Stressfaktor in meiner Schullaufbahn war und sind die Klausuren und Noten. Klausuren an ihren festgesetzten Terminen legen fest, wann ich den geforderten Stoff wissen muss. Ich habe nicht die Möglichkeit mir eine Woche mehr zu nehmen, oder eine Klausur vor dem angegebenen Termin zu schreiben. Dies bedeutet für alle Schüler Stress und wenig Freizeit.

Auch bei der Reihenfolge der Klausuren bin ich von der Schule abhängig. Es wird vom Oberstufenbüro festgelegt wann welche Klausur geschrieben wird und in welcher Reihenfolge dies geschehen muss. Dadurch fehlt die Zeit, sich auf seine schwachen Fächer zu konzentrieren.

Dieses Problem zu lösen, ist in einer Schule, die auf ein Zentralabitur hinarbeitet, nur schwer zu lösen. Dennoch könnte man eine Zeitspanne setzen, in der eine Klausur geschrieben werden muss. Innerhalb dieser Zeitspanne können sich die Schüler auf ihre Klausuren vorbereiten und diese schreiben, wenn sie bereit sind. Dabei entsteht jedoch das Problem, dass sich Schüler gegenseitig über den Inhalt der Klausuren informieren können.

Dieses Problem könnte durch die Abschaffung der Noten behoben werden. Die Benotung von Schülern führt zu großem Druck und dem Vergleich mit anderen. Dabei kann es schnell dazu kommen, dass eine drei als befriedigende Leistung als schlecht angesehen wird, weil der Durchschnitt insgesamt über drei liegt.

Individuelle Bewertung statt Vergleich mit der Norm

Schüler sollten individuell nach den eigenen Fortschritten benotet werden. Für jemanden, dem Mathe sehr schwer fällt kann eine drei eine super Note sein, wenn die Klausur vorher eine fünf war. Genauso verhält es sich in den anderen Fächer. Fast jeder hat ein Fach, das ihm nicht liegt in dem eine drei sich wie eine eins anfühlt. Dennoch kommt man über eine vier als Gesamtnote nie hinaus, weil jeder mit den anderen verglichen wird. Das Interesse und die Bemühungen der einzelnen Personen werden dabei kaum bis gar nicht in Betracht gezogen.

Bei Benotungen geht es um den Inhalt und nicht um den Prozess, den der einzelne Schüler gemacht hat. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Benotung ist die Bewertung von Klausuren. Die Tatsache, dass ein Erwartungshorizont vorgibt, wie ich ein Thema interpretieren muss, zeigt, dass Schüler sich an die Ansprüche der Lehrer anpassen müssen.

Mehr Mitsprache für Schülerinnen und Schüler

Auch ist es wichtig, dass es den Schülern ermöglicht wird, mit Kindern über ihrer Altersgruppe hinaus gemeinsam zu arbeiten. Durch die verschiedenen Denkansätze können dadurch vielfältige Ergebnisse erzielt werden. Des Weiteren kommt es zu einem Austausch der Ansichten aller Altersgruppen. Für uns ist der einzige Weg uns in das Schulleben zu integrieren die Schülervertretung. Diese wird jedoch kaum wahrgenommen. Ich wusste bis zu meiner 9. Klasse nicht, was die SV macht und welche Rechte sie hat. Diese Rechte werden jedoch in unserer Schule kaum ausgenutzt. Viele Lehrer empfinden ihre Meinung als Richtig und die der Schüler als falsch.

Meiner Meinung nach sollten Schüler in das Konzept Schule mehr eingebunden werden. Die Lehrpläne müssten offener gestaltet sein, damit die Schüler ihre eigenen Interessen einbringen können. Schule kann so wie es jetzt ist nicht mehr lange funktionieren. Die Schüler werden nicht dazu ermutigt sich Individuell zu entfalten, sondern werden mit Wissen gefüllt, um das Abitur zu bestehen.

Dieser Essay ist im Unterrichts-Projekt Gute Schule entstanden. Weitere Schüler-Beiträge zu diesem Projekt finden sich unter dem Schlagwort Gute Schule.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Zustimmung zur Datenspeicherung lt. DSGVO